Diskursmetaphorik und ihre sprachlichen Indikatoren sowie Textmuster im literarischen Diskurs „Ich und Kaminski“ von Daniel Kehlmann / Discourse Metaphors and their Linguistic Indicators as well as their Textual Patterns in the German Literary Discourse “Ich und Kaminski” by Daniel Kehlmann)
DOI: 10.23817/lingtreff.19-28 (online zugänglich: 2021-06-17)
S. 449–462
Schlüsselwörter: Metapher, Diskursmetaphorik, Diskurstextmuster, Metaphernidentifizierung
Metaphern galten lange als Forschungsprivilegium der Literaturwissenschaft. Mit der kognitiven Wende der 80er Jahre des 20. Jh. entstand jedoch in der modernen Sprachwissenschaft ein neuer Ansatz und Linguisten wandten sich zum ersten Mal vom klassisch-rhetorischen Metaphernverständnis stark ab. Mit der kognitiven Metapherntheorie von Lakoff und Johnson (1980) entstand eine neue linguistische Disziplin, die Metaphern als konventionalisierte sprachliche Einheiten erkennt und ihre Verständniskapazität sogar auf die menschliche Kognition erweitert. Obwohl der kognitive Ansatz eine innovative Richtung in die Sprachwissenschaft mit sich brachte, wurde sie hauptsächlich von Diskurslinguisten kritisch betrachtet, denn sie plädierten – im Gegensatz zu kognitiven Linguisten – für eine kontextabhängige Interpretation sprachlicher Metaphern. Als Ergebnis des regen kritischen Austausches zwischen den zwei Ansätzen entstand die Metaphernanalyse des Diskursdynamik-Frameworks, die sprachliche Metaphern in ihren Diskursen kontextabhängig untersuchen und anhand ihrer Diskursmetaphorizität konzeptualisieren. In der Studie werden Metaphern im diskursmetaphorischen Sinne analysiert. Sie setzt sich zum Ziel, die Diskursmetaphorik der Quelldomäne Dunkelheit herauszuarbeiten bzw. die identifizierte Diskursmetaphorizität mithilfe sprachlicher Indikatoren darzustellen. Dabei geht der Beitrag auf die sogenannte Graduierbarkeit der Metaphorizität ein, die nach Wissen der Autorin im Sinne dieser Studie noch nicht erforscht wurde. Im Beitrag werden Diskursmetaphern anhand der kognitiven Spannung zwischen ihren Quell- und Zieldomänen analysiert und dabei folgende Fragestellungen beantwortet: Sind die identifizierten Metaphern stark und aktiv („Metaphern auf der Ersten Ebene“) oder sprachlich (stark) konventionalisiert, wodurch sie ihre Metaphorizität erst durch die Diskursdynamik entfalten („Metaphern auf der Zweiten Ebene“)? Durch welche sprachlichen Indikatoren werden die Metaphern bemerkbar und wie sind diese Indikatoren zu beschreiben? Methodische Mittel der Analyse sind die Metaphernidentifizierungsmethode MIPVU mit eigenen untersuchungsspezifischen Operationalisierungen, Arbeitsmethoden des Diskursdynamik-Frameworks und diskurslinguistische Ergebnisse zur Diskursdynamik. Das Korpus ist der literarische Text „Ich und Kaminski“ von Daniel Kehlmann. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass sich Diskursmetaphern auch unter der Textoberfläche manifestieren und fähig sind, sich durch vielfältige Indikatoren bemerkbar zu machen.