• Linguistische Treffen in Wrocław •

ISSN: 2084-3062 • e-ISSN: 2657-5647 • DOI: 10.23817/lingtreff • Absprungrate: 35% (2023)

Kunst und Künstliche Intelligenz (KI) – Zu den Möglichkeiten einer kognitiv-orientierten Diskursanalyse / AI and Art – The Potential of a Cognitive-Oriented Discourse Analysis

Ramona Teresa Plitt, Technische Universität Dresden (ORCID: 0000-0002-1225-3721)

DOI: 10.23817/lingtreff.20-17 (online zugänglich: 2021-12-09)

S. 249–259

Schlüsselwörter: Kognitive Diskursanalyse, Künstliche Intelligenz, Kunst, Frame-Semantik

In den letzten fünf bis zehn Jahren haben KI-Technologien spürbar Einzug in die Kunst erhalten. Literatur, Musik und Malerei zählen zu den Sparten, die am meisten von algorithmischen Anwendungen und (humanoiden) Robotersystemen beeinflusst sind. Der dazu geführte Diskurs weist auf der Oberfläche die für Innovationsdebatten übliche Polarisierung auf. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche subtilen Bedeutungsaspekte den Diskursausschnitt zu Kunst und KI strukturieren und so Hin- weise auf ein sich wandelndes Kunstfeld liefern. Die Untersuchung zeigt auf, wie eine kognitiv ausgerichtete linguistische Diskursanalyse dazu beitragen kann, ein gegenwärtig relevantes Diskursfeld zu erschließen und diskursprägende Deutungsrahmen zu identifizieren. Das konkrete Ziel dieses Beitrags ist es, in einer explorativen Annäherung den Begriff des ‚Schöpferischen‘ bzw. des ‚Erschaffens‘ näher zu umreißen und auf Bedeutungsverschiebungen hin zu untersuchen. Als theoretischer und analytischer Rahmen dient hierbei die Frame-Semantik und das darauf aufbauende FrameNet. Auf Grundlage eines 230.655 token großen und thematisch einschlägigen Korpus werden die realisierten semantischen Rol- len des Verbs ‚erschaffen‘ bzw. des CREATE-Frames ermittelt und quantitativ ausgewertet. Ein Vergleich mit einem Referenzkorpus ermöglicht es anschließend, diskursspezifische Bedeutungsprägungen am Beispiel des CREATE-Frames im Kunst-/KI-Diskursausschnitt zu benennen. Die größten Unterschiede zwischen Fokus- und Referenzkorpus bestehen demnach in der Realisierung der Frame-Rollen INS- TRUMENT und PURPOSE. Während die INSTRUMENT-Rolle im Fokus-Korpus häufiger expliziert wird als im Referenzkorpus, gilt für die PURPOSE-Rolle ein umgekehrtes Verhältnis. Dabei kann die Ausblendung des Zwecks im untersuchten Diskursausschnitt auf einen gewissen Novitätscharakter KI-generierter Kunst hinweisen. Die Ergebnisse der Analyse der INSTRUMENT-Rolle im Fokuskorpus deuten hingegen darauf hin, dass das Instrument bzw. Werkzeug – nicht selten ist KI damit gemeint – im künstlerischen Schaffensprozess einen wichtigen Bedeutungsaspekt darstellt. Dieser Beitrag zeigt somit mithilfe des theoretischen und analytischen Instrumentariums der kognitiven Diskursanalyse die nicht offensichtlichen semantischen Fixationen und Wandelprozesse in der gegenwärtigen Kon- zeptualisierung der Kunst/KI-Feldes auf.

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