Ausgewählte Präsensformen und Infinitive in den deutschen Mundarten Mährens und Schlesiens / Selected Present Tense Forms and Infinitives in the German Dialects of Moravia and Silesia)
DOI: 10.23817/lingtreff.24-30 (online zugänglich: 2024-01-24)
S. 433–446
Schlüsselwörter: Infinitive, finite Verbformen, territoriale Verbreitung, mundartliche Zugehörigkeit
Im vorliegenden Beitrag werden ausgewählte Wortformen (Infinitive und Präsensformen) auf ihre morphematische Struktur im Dialektraum Mährens und Schlesiens untersucht. Die vorgelegte Beschreibung macht es möglich, Schlüsse auf die mundartliche Zugehörigkeit der einzelnen Teilgebiete zu ziehen. Im Fokus unseres Interesses standen dabei solche Wortformen, die im Rahmen des Bandes V „Morphologie“ (2020) des „Atlasses der deutschen Mundarten in Tschechien“ (2014–2020) nicht berücksichtigt wurden. Es hat sich ergeben, dass die Sprachinseln Süd- und Mittelmährens (Brünner Sprachinsel, Wischauer Sprachinsel und die Iglauer Sprachinsel) eindeutig unter dem Einfluss des Bairischen stehen. Als Gegenpol dazu ist Nordmähren (Österreichisch-Schlesien) einzustufen, das im Großen und Ganzen durch das Vorhandensein ostmitteldeutscher Sprachelemente geprägt ist. Von einer ganzheitlichen omd. Ausprägung ist aber nicht die Rede, weil da in einigen Ortschaften eine Zunahme mittelbairischer Erscheinungen zu verzeichnen ist. Der Schönhengst (die größte Sprachinsel Mährens) nimmt eine Sonderstellung ein. Er fällt durch viele ostfränkische Merkmale auf. Ein typisch Schönhengster Merkmal ist die Diphthongierung des kurzen mhd. i und o, die in Mähren außerhalb des Schönhengsts nirgendwo anzutreffen ist. Sie kommt v. a. bei Personalpronomen vor (s. Muzikant 2014: 120–135). In unserem untersuchten Material kommt die Diphthongierung in der 1. und 3. Pers. Sg. des Verbs sein zum Vorschein.