Weisheit der Völker oder Weisheit auf der Gasse? Nationale Stereotype in polnischen und deutschen Sprichwörtern aus dem 18. und 19. Jahrhundert / Wisdom of Nations or Wisdom from the Streets? National Stereotypes in Polish and German Proverbs from the 18th and 19th Centuries)
DOI: 10.23817/lingtreff.26-3 (online zugänglich: 2025-02-02)
S. 61–79
Schlüsselwörter: Stereotyp, Sprichwort, Deutsch, Polnisch
Der Artikel stellt stereotype Sprachbilder von Polen und Deutschland dar, die in kodifizierten Sprichwörtern festgehalten sind, die die Adjektive Polnisch und Deutsch, Länder-, Einwohner- und Sprachennamen enthalten. Die exzerpierten Sprichwörter stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert und wurden in einem Buch zum Erlernen der polnischen Sprache „Enchiridion Polonicum“ von Moneta und in Wanders Monumentalwerk „Deutsches Sprichwörterlexikon“ gesammelt. Der Vergleich der beiden Quellen, die sich aufgrund der Menge des präsentierten phraseologischen Materials und des Konzepts seiner Präsentation erheblich voneinander unterscheiden, hängt damit zusammen, dass die zweisprachige polnisch-deutsche Sprichwörtersammlung in Monetas Lehrwerk zu finden ist und Wander zahlreiche Exkurse zu analogen Sprichwörtern in anderen Sprachen, darunter auch im Polnischen, unternimmt. Eine vergleichbare Analyse beider Werke hat noch nie stattgefunden. In dieser konfrontativen Studie wurde das Konzept des sprachlichen Weltbildes der polnischen ethnolinguistischen Schule verwendet. Ein Vergleich des phraseologischen Materials aus den beiden Quellen bestätigt die Hypothese, dass einige nationale Stereotype in Sprichwörtern bis heute überlebt haben, obwohl das darin dargestellte polnische und deutsche Sprachbild der Welt eng mit dem historischen Hintergrund der Entstehungszeit dieser Sprüche verbunden ist. In Polen kommen die besprochenen Sprichwörter aus der Zeit der Teilungen und des Unabhängigkeitskampfes, in Deutschland sind sie in der Zeit der Vereinigung der deutschen Staaten entstanden, die mit der Ausrufung des Deutschen Reiches endete. Das im Artikel formulierte Postulat betrifft den Vergleich von Wanders Wörterbuch mit dem ersten polnischen phraseologischen Wörterbuch von Samuel Adalberg, „Księga przysłów polskich“ (1889–1894). Eine solche vergleichende Analyse würde zwei lexikografische Werke mit dem phraseologischen Material aus zwei verschiedenen Sprachbereichen umfassen, die historisch und kulturell eng miteinander verbunden sind.